Seit Tschechien Mitglied der Europäischen Union ist, hat sich für Besucher in dem kleinen Land zunächst wenig verändert – noch immer ist der Euro nicht eingeführt und noch immer gibt es Passkontrollen an den Grenzen. Doch im Alltag rollte auf die Tschechen eine ganze Lawine von Vorschriften zu, die manche alte Tradition unter sich begräbt. Unser Beitrag zeigt, wie findige Tschechen um ihre liebgewonnenen Gewohnheiten kämpfen.

Die kleine tschechische Stadt Jindrichuv Hradec hat genau eine Tankstelle. Und an dieser Tankstelle gibt es neben Diesel und Benzin auch Rum – für 2,33 € pro halber Liter. Zu verdanken haben die tschechischen Autofahrer diese Zapfanlage der Europäischen Union. Denn dieser besondere Rum ist eine alte tschechische Spezialität. Und weil das 90 Jahre alte Rezept nicht mehr den Vorschriften entspricht, darf Schnapshersteller Josef Nejedlý sein Gebräu im Einzelhandel nicht mehr „Rum“ nennen. Doch laut Gesetz ist eine Zapfsäule kein Einzelhandel. Mit diesem Trick umgeht er das Verbot.

Laut der neuen EU-Regeln darf sich ein Schnaps nur Rum nennen, wenn er aus Zuckerrohr hergestellt ist, also muss für den breiten Verkauf nach über 90 Jahren der Name der Marke geändert werden. 20.000 Hektoliter produziert die Firma jährlich von dem beliebten Schnaps. Um keine Arbeitsplätze zu gefährden, hat Nejedlý in eine teure Werbekampagne investieren müssen und seinen Rum auf Plakaten symbolisch beerdigt. Der neue EU-Schnaps heißt jetzt statt Rum – Bum. Oder statt „Einheimischer Rum“ nur noch „Einheimischer“. Drin ist genau das selbe und das ist beliebt wie eh und je.

So hat ein zäher Kampf gegen die neue Bürokratie das ganze Land erfaßt.

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