Friedliche Revolution ’89 in Dresden und der DDR. Die Ereignisse während des „Aufbruch 1989“ in Dresden und der gesamten DDR, chronologisch zusammengefasst von „Portal e.V.“

DATUM EREIGNIS
August 1989

DDR-Bürger flüchten in die bundesdeutschen Vertretungen in Ostberlin, Budapest und Prag.¹

10.09.1989

Nach dem Beschluss der ungarischen Regierung, Tausende von DDR-Bürgern in den Westen ausreisen zu lassen, beginnt eine Massenflucht über Ungarn. Ungarn kündigt am nächsten Tag einseitig alle Reiseabkommen mit der DDR.¹

11./12.09.1989

Gründungsaufrufe des „Neuen Forums“, der Bürgerbewegung „Demokratie jetzt“ und der Gruppe „Demokratischer Aufbruch“.¹ ² Viele DDR-Bürger flüchten aus der DDR über die ungarische Grenze nach Österreich. Ungarn lässt die DDR-Bürger auf eigenen Wunsch die Grenze zu Österreich überqueren.

03.10.1989

Ohne Visa kommt kein DDR-Bürger mehr in die CSSR. 12:00 Uhr sammeln sich am Hauptbahnhof Dresden viele Menschen, vor allem aber diese, die nicht mit ausreisen konnten. 21:45 Uhr kommt in Dresden ein Leerzug an, der in Prag Ausreisende abholen soll. Er wird gestürmt und zum 1. Mal wird der Bahnhof von Kräften der Volkspolizei geräumt.²

03./04.10.1989

Um 01:00 Uhr wird am 04.10.1989 Der Zugführungspunkt auf der Dr.-Kurt-Fischer-Allee eröffnet. Festgenommene wurden dorthin zum Verhör gebracht. Anwesend sind bei den Gesprächen Bewachungskräfte des Zugführungspunktes, das Ministerium für Staatsicherheit, die Kriminalpolizei und Staatsanwälte aus Dresden.² In der Zwischenzeit sammeln sich immer mehr Menschen am Hauptbahnhof. Gegen 20:15 Uhr sind etwa 2.500 Menschen in der Kuppelhalle des Hauptbahnhofes versammelt. Die Polizei verbarrikadiert sich im Bereich der Bahnsteige und setzt Wasserschläuche mit geringem Druck ein. Zivilisten bewerfen Polizisten mit Steinen. Auf beiden Seiten gibt es Verletzte. Ein Funkstreifenwagen wird vor dem Bahnhof umgekippt und brennt aus. Seit diesen Ereignissen konzentriert sich nun alles um den Hauptbahnhof in Dresden. Bürger, die Reformen in der DDR durchsetzen wollten, nutzten die Ansammlung zu friedlichen Demonstrationen. Um 22:30 Uhr verkündet die Polizei über Lautsprecher, dass Ausreisewillige zur Abteilung Inneres der Stadtbezirke gehen sollen, dort würden sie einen Ausreiseantrag erhalten, der in drei Tagen bearbeitet wird. Diese Mitteilung führt auf eine Weisung des Stellv. General Wagner vom Ministerium des Innern zurück, der eigenständig ohne Kompetenz entschieden hat. Jedoch sind die Stadtbezirke darüber gar nicht informiert, können demzufolge nichts entscheiden und müssen die Bürger unverrichteter Dinge wieder fortschicken. Eine große Anzahl der abgewiesenen DDR-Bürger kehren am 06.10.1989 nach Dresden zurück, um erneut bei der Abteilung Inneres der Stadtbezirke/Stadt vorzusprechen. Gegen Abend des 06.10.1989 werden diese Ansammlungen von etwa 40-50 Personen, die sich vor den Rathäusern der Stadtbezirke Ost und Süd befanden, durch Sicherheitskräfte der Polizei aufgelöst.²

05.10.1989

In der Tageszeitung “UNION” erscheint eine kurze Notiz von ADN, nach der Rowdys den Zugverkehr in Dresden gestört haben. Aber es gibt auch Bürger, die mit den Provokateuren sprechen, um zu friedlichen Demonstrationen aufzurufen. Ständig sind ca. 2.000 Polizei- und Sicherheitskräfte im Einsatz.²

06.10.1989

Gegen Abend wird aus der Straßenbahnlinie 3 die Polizei auf der Leningrader Straße beschimpft. Daraufhin lässt die Polizei den Straßenbahnwagen teilweise räumen. Diese Personen werden aufgefordert sich mit dem Gesicht nach unten auf die Straße zu legen. Es gab danach noch zwei ähnliche Vorfälle mit Straßenbahnen.²

07.10.1989

Festveranstaltung in Berlin zum 40. Jahrestag der DDR-Gründung im Beisein von Gorbatschow („Gefahren warten nur auf jene, die nicht auf das Leben reagieren.“).¹ Gegen 00:30 Uhr kommt es an der Haltestelle am Hauptbahnhof zu einer normalen Ansammlung von Bürgern, die auf die Linie 72 warten. Polizisten sehen diese Ansammlung als nicht genehmigte Demonstration an und zwingen die Wartenden sich mit dem Gesicht auf den Boden zu legen. Es gibt an diesem und am nächsten Tag vorwiegend friedliche Demos, jedoch unterscheiden Sicherheitskräfte dabei nicht zwischen friedlichen Demonstranten und den aggressiven Störern.² Die Demonstrationen in Plauen gegen das DDR Regime sind in Dresden weitestgehend unbekannt.

08.10.1989

Unbekannte gaben einen Aufruf zu einer Kundgebung um 15:00 Uhr auf dem Theaterplatz in Dresden. Hier soll über das “Neue Forum”, dessen Berechtigung durch die Regierung der DDR abgelehnt wurde, informiert werden. Die Polizei löst die Kundgebung auf. Sie fordert die Menge auf, die Kundgebung in Richtung Brühlsche Terrasse/Parkplatz zu verlassen. Um die Polizei nicht zu provozieren, setzten sich die Demonstranten friedlich auf die Straße. Einige fragen bei der Polizei nach, ob sie die Umzingelung verlassen dürfen, um nach Hause zu gehen. Es wird ihnen nicht genehmigt. Gegen 19:00 Uhr gibt es einen erneuten Demonstrationszug vom Bahnhof Richtung Prager Straße. Gegen 20:00 Uhr sollte dieser Zug gewaltsam durch die Polizei aufgelöst werden. Daraufhin setzten sich die Demonstranten friedlich auf die Prager Straße. Die Katholischen Kapläne Richter und Leuschner wenden sich an die Polizei und bitten sie keine Gewalt anzuwenden. Im Rathaus findet gleichzeitig ein Gespräch zwischen dem Landesbischof Hempel, Oberlandeskirchenrat Fritz, Superintendent Ziemer und dem Oberbürgermeister Berghofer statt, mit dem Ziel des gemeinsamen Dialogbeginns bei Absage an Gewalt. Im Laufe der Verhandlungen kommt es auf der Prager Straße zur Bildung einer Gruppe (Gruppe der 20), die im Auftrag der Demonstranten mit Vertretern des Staates sprechen soll.² In Dresden beginnt der Dialog zwischen DDR Bürgern und Vertretern des Staatsapparates.

09.10.1989

Das Gespräch der “Gruppe der 20″ als Vertreter der Demonstranten mit dem Oberbürgermeister Berghofer beginnt um 09:00 Uhr. In den folgenden Tagen gibt es keine weiteren Demonstrationen in Dresden.² Mehr als 50.000 friedliche Demonstranten treten in Leipzig für mehr Demokratie ein. Die SED-Führung schreckt vor dem Einsatz militärischer Gewalt zurück. Am Folgetag bieten namhafte SED-Vertreter den Oppositionsgruppen den Dialog an. Zwei Wochen später werden in Leipzig 250.000 Menschen demonstrieren.¹Auch in Berlin und anderen Städten der DDR beginnen jetzt Demonstrationen gegen die DDR Regierung und die SED.

18.10.1989

Egon Krenz löst Honecker als SED-Generalsekretär ab. Am 24.10.1989 wird er auch Staatsratsvorsitzender. Am 31.10.1989 besucht Krenz demonstrativ Gorbatschow.¹

06.11.1989

Nachdem Ausreisewillige die DDR wieder unbehelligt über die CSSR verlassen können, kündigt das „Neue Deutschland“ einen halbherzigen Gesetzesentwurf über Auslandsreisen an.¹

08.11.1989

Nach dem geschlossenen Rücktritt der DDR-Regierung (07.11.1989) gab es eine Neuwahl des Politbüros, in dem nun Reformer, „Wendehälse“ und Konservative vertreten sind.¹

09.11.1989

Die SED verkündet am Abend im Fernsehen, „ab sofort“ gelte Reisefreiheit. Diese Information wurde von Günther Schabowski als Vertreter der DDR-Regierung während einer Pressekonferenz verlesen. Diese in ihrem Zustandekommen nicht völlig geklärte Ankündigung führt zur Öffnung der Mauer und zu einer euphorischen Feier an vielen Grenzübergängen. In den folgenden Tagen besuchen Millionen von DDR-Bürgern die BRD.¹

13.11.1989

Hans Modrow wird Vorsitzender des Ministerrates (Regierungs- erklärung: Trennung von Staat und Partei, Wirtschaftsreform, Vertragsgemeinschaft).¹

22.11.1989

Das Politbüro der SED schlägt den Blockparteien und der Opposition Gespräche am „Runden Tisch“ vor (Themen: Wahlgesetz, Verfassungsreform). Der „Runde Tisch“ wird in der Folgezeit zur faktischen Nebenregierung der DDR.¹

28.11.1989

Für In- und Ausland überraschend, verkündet Bundeskanzler Kohl sein „10-Punkte-Programm“ zur Wiedervereinigung. Während vor allem DDR-Schriftsteller gegen diesen Plan opponieren, verändern Leipziger Montagsdemonstranten ihre Parole „Wir sind das Volk!“ in „Wir sind ein Volk!“. Die internationalen Reaktionen sind zunächst skeptisch.¹

¹ Quelle: www.zum.de/psm/unterricht/aschern/chr_wende.php

² Quelle: Abschlußbericht der UUK (unabhängige Untersuchungskommission an die
Stadtverordnetenversammlung von Dresden zu den Handlungen der Schutz- und Sicherheitsorgane im Zusammenhang mit den Ereignissen vom 03. – 09. Oktober 1989 in Dresden.

Autor: Eckhard Bahr “Sieben Tage im Oktober” Aufbruch in Dresden (Forum Verlag Leipzig) Herausgegeben mit Unterstützung der „Gruppe der 20“ von 1990